Ein Interview mit Bobby Lieblings Frau Hallie über Musik und Kommerz

Bobby Lieblings Frau Hallie ist eine Reizfigur – zumindest für jene Pentagram-Fans, die es nicht fassen können, dass der Gottvater des Doom mit einer 25jährigen Fashion-Bloggerin und Designerin verheiratet ist.
Wer ist diese Frau? Ist sie wirklich die Yoko Ono des Doom? Saugt sie gierig das Geld aus Bobby heraus? Wird sie Pentagram am Ende zerstören? Und was Mode hat eigentlich mit Metal zu tun? Wir haben sie einfach selbst gefragt.

Empress: Kannst du kurz selbst beschreiben, was du so machst?

Hallie Liebling: Also, ich bin Hausfrau und Mutter, ich habe eine kleine Streetwear-Modelinie, ich habe mein eigenes Style-blog und ich schreibe.

Empress: Was mich hier besonders interessiert ist dein Blog – wie groß ist die Resonanz, die du bekommst? Und was für Leute folgen dir dort, eher Musikfans oder Modefans oder beides?

Hallie Liebling: Die Resonanz ist super, ich habe einen ständigen Zulauf von täglichen  Besuchern. Ich denke dass es hauptsächlich Fashion-Leute sind, die den Blog lesen, aber einige Fans meines Mannes – weibliche Fans, hauptsächlich – lesen den Blog auch. Die meisten männlichen Fans machen sich darüber in Foren o.ä. lustig – ich finde das einfach nur lustig.

Empress: Kann ich mir vorstellen. Du hast mal erwähnt, dass dein Mann Bobby alle Fotos für den Blog macht. musstest du ihn dazu zwingen oder ist er von sich aus an Mode interessiert? Den meisten Leuten dürfte es wahrscheinlich schwer fallen, sich Bobby als Modefotograf vorzustellen.

Hallie Liebling: Er hat sich freiwillig dafür angeboten – er liebt es! Er mag Mode; er hat sich immer schon sehr ausgefallen angezogen. In Sachen halcoholic ist er auf jeden Fall eine große Hilfe.

– An diesem Punkt muss Hallie kurz unterbrechen, um Klein-Bobby die Windeln zu wechseln –

Empress: Du hast eben schon gesagt, dass dein Blog sehr unterschiedliche Reaktionen hervorruft – von sehr positiv bis sehr negativ. Kannst du dir denken was genau es ist, weshalb manche Leute (und besonders die männlichen Fans) so heftig reagieren?

Hallie Liebling: Ich denke es irritiert die meisten Leute einfach, wenn man z.B. ein Bandshirt mit Chanel-Schuhen kombiniert. Oder wenn ich ein Burzum-Shirt trage – die Leute halten mich dann plötzlich für eine Antisemitin mit einem jüdischen Ehemann. Aber vielleicht sind es auch nur die Pentagram-Fans die es nicht gut finden, dass die Frau des Frontmanns einer Band, die als „Kultband“ gilt, einen Blog über eine so  oberflächliche Sache wie Mode hat. Es ist eben wie es ist – aber ich nehme den Blog eigentlich nicht so ernst – ich mache es, weil es mir Spaß macht. Die Leute im Internet lieben es einfach, alles mögliche zu kritisieren. Sie regen sich über den Altersunterschied zwischen uns auf, darüber, wie ich aussehen, was ich anhabe…wahrscheinlich haben sie einfach nichts besseres zu tun.

 

Empress: Könnte es sein, dass viele Leute im Rock&Metal oft ein antimaterialistisches Selbstbild pflegen, aber gleichzeitig sehr darauf achten, einen bestimmten Look beizubehalten? Liegt die Provokation also vielleicht darin, dass du mit diesem Widerspruch spielst und auch ihn auch offen ansprichst? Immerhin hat sich Bobby, wie du ja gesagt hast, sich immer sehr extravagant angezogen und die Fans fanden seine Outfits cool und nicht „oberflächlich“?

Hallie Liebling: Ja, ich glaube die Leute hielten seine Outfits immer für total authentische Second Hand-Klamotten, dabei zieht er wirklich alles an, von Prada bis zur alten Bluse seiner Mutter. Er mag eben das, was er mag.

Empress: Wenn man das ganze aus einem etwas größeren Blickwinkel betrachtet – wie würdest du das Verhältnis von Rock&Metal und Mode im Allgemeinen beschreiben?

Hallie Liebling: Ich finde es ist eine unausgesprochene, aber sehr wichtige Beziehung… und ich denke, dass die meisten Metalfans ultrabesorgt um ihr Image sind – ob es darum geht, das „richtige“ Bandshirt zu tragen, die meisten Nieten auf der Kutte zu haben oder was auch immer. Rock&Metal-Fans machen sich immer Gedanken über das, was sie tragen, aber die meisten tun so als wären sie total gegen Mode, im Sinne von „Wer interessiert sich schon für Mode? Mode ist scheiße!!“ Wahrscheinlich breiten solche Leute zu Hause erstmal 20 Bandshirts auf dem Bett aus, bevor sie sich entscheiden können, welches Shirt sie zum Konzert am nächsten Abend anziehen.

Empress: Welche Rolle spielt Musik in einem Leben und für die Dinge die du tust?

Hallie Liebling: Oh Gott – Musik spielt in jedem Teil meines Lebens eine riesige Rolle. Mein Mann lebt Musik nonstop, mein Kind liebt Musik, wir haben den ganzen Tag Musik laufen, im Haus, im Auto….Musik inspiriert mich dazu das zu tragen was ich trage, und sie hilft meinem Mann sogar dabei, Entscheidungen zu fällen, haha…Musik ist einfach ein riesiger Teil unseres Lebens.

Empress: Kannst du ein paar deiner Lieblingsbands nennen?

Hallie Liebling: Ich höre alles von Uriah Heep, Iron Butterfly, Mountain, Budgie und alten Aerosmith über GBH, Special Duties, Oxymoron, Vice Squad und Social Distortion zu Emperor, Mütiilation, Vlad Tepes… eine ziemliche Bandbreite also.

Empress: Das Interesse an Pentagram ist in letzter Zeit wieder ziemlich gewachsen. Du hast sie auf ihrer 2010er Tour begleitet. Hast du eigentlich in irgendeiner Weise aktiven Einfluss auf Bobbys Musik, mal davon abgesehen, dass du sowieso Teil seines Lebens bist?

Hallie Liebling: Ich weiß nicht, ob ich irgendeinen direkten Einfluss auf die Musik von Pentagram habe. Auf jeden Fall kann ich aber sagen, dass ich mich aus den Angelegenheiten der Band raushalte – ich will nicht die Nancy Spungen von Pentagram sein. Auch auf Bobbys Songwriting habe ich wahrscheinlich keinen direkten Einfluss; aber ich habe zuletzt ein paar Gedichte geschrieben, für die er sich interessiert. Und aus einem davon wird er vielleicht auch einen Song machen. Wir werden sehen, aber ich habe wirklich kein Interesse daran, mich in Pentagram und die Musik einzumischen, das ist nicht mein Platz, haha.

Empress: Die Designs deines Labels Käärme bedienen sich bei der Bild- und Symbolsprache von Black Metal, Death Metal und Punk, und das auf eine Weise, die an Andy Warhol erinnert – die Bilder und Symbole werden so lange wiederholt, bis sie ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben (zumindest gilt das für das T-Shirt, auf dem It von Abruptum abgebildet ist). Könntest du das kommentieren?

Hallie Liebling: Beim Abruptum-Shirt hatte ich ziemlich genau das vor. Ich wollte die Symbolik in einen Kontext bringen, den besonders die Black Metal-Szenepolizei einfach nur zum Kotzen finden würde, worüber Leute mit Humor aber lachen könnten. Und der Backprint mit der „Warnung“ von „The Black Legions“…ich finde einfach unglaublich lustig. Mir gefällt es einfach nicht, wenn Black Metal zu ernst genommen wird, denn die Musik ist in ihren Lyrics sehr ernsthaft, gleichzeitig können die meisten Black Metal Musiker ihre Instrumente aber kaum spielen. Und das ist  für mich der Reiz an der Sache, genauso wie das generelle Chaos in diesem Genre. Ich finde es einfach dämlich, wenn Black Metal zu ernst genommen wird.

 

 

Empress: Mal abgesehen davon dass es dir darum geht, die „Black Metal-Elite“ zu provozieren – ist es nicht doch ein ziemlicher Ausverkauf, wenn man eine absolut musikbezogene Bild- und Symbolsprache außerhalb des Musik-Kontextes benutzt?

Hallie Liebling: Ich entwerfe Kleidung mit einem Black Metal-Bezug, die die meisten TRVEN Black Metaller nicht mal tot anziehen würden. Damit mache ich mich auf meine Art liebevoll über eine Musik lustig, die ich selber sehr liebe. Ich sehe das nicht als Ausbeutung und Missbrauch. Viele Leute nehmen Black Metal so ernst – ich habe schon so viele Black Metaller getroffen, die NICHTS außer Black Metal hören und sich anderer Musik total verweigern. Aber im Ernst, es ist vollkommen okay, gleichzeitig Obie Trice und Black Metal zu hören. Euronymous wird sich deswegen nicht im Grab umdrehen. Ich sehe es aber auch als Promotion für die Bands – viele von den Käärme-Kunden haben tatsächlich noch nie von den Bands gehört, auf die sich die Designs beziehen, aber die Klamotte kann die Person dazu bringen, sich die CD zu kaufen. Das war immer meine Philosophie – wenn die Labels oder Motive irgendwo draußen zirkulieren, wird die Firma davon profitieren. Es ist genau dasselbe wie bei diesem Kleinkrieg zwischen Jerry Only und Glenn Danzig.
Da mein Mann Musiker ist kann ich verstehen, wie wahnsinnig es macht, wenn deine Musik illegal kopiert oder ohne Erlaubnis gebootlegged wird. Meiner Meinung nach ist es aber etwas anderes mit Kleidung. Das Misfits-Logo ist ein  Kultsymbol und einige Leute kaufen Merchandise mit diesem Logo, auch wenn sie die Band noch nie gehört haben. Dieser Kunde läuft dann eben mit diesem T-Shirt rum und macht so umsonst Werbung.
Aber ok, im Endeffekt bin ich total für den Ausverkauf – zu einem gewissen Grad. Mein Gott, mein Mann hat 40 Jahre lang versucht, sich in der Musikindustrie „zu verkaufen“, aber er ist keine einfache Person was das Zusammenarbeiten angeht, und er war lange sehr krank. Jetzt ist er ein dicker Fisch in einem kleinen Teich, aber er wäre eigentlich gern ein kleiner Fisch in einem großen Teich, also er hätte gerne mehr noch mehr Optionen.
Wie auch immer, ich würde niemals den Namen einer Band ohne schriftliche Erlaubnis benutzen, aber wenn ich ein sehr cooles oder ein sehr lächerliches Black Metal-Bild sehe, setzt das bei mir die Räder in Gang und ich werde zu Designs inspiriert. In der neuen Herbst/Winterkollektion haben wir zum Beispiel ein Teil, das besonders Black Metal-basiert ist: Wir haben das Label einer Black Metal-Band so verändert, dass es aussieht wie der Name eines speziellen Nobeldesigners. Es ist absolut cool und ich liebe es. Ich bin überhaupt sehr aufgeregt wegen der neuen Kollektion.

Empress: Hast du dir inzwischen Last Days Here angesehen, die Dokumentation über deinen Mann angesehen ? Gefällt dir das Ergebnis?

Hallie Liebling: Tatsächlich habe ich sie nicht gesehen und ich glaube auch nicht, dass ich sie mir jemals angucken werde. Ich will Bobby nie wieder so krank sehen wie damals, als wir uns kennen gelernt haben. Das ist mein Leben und kein Film. Also will ich es wirklich nicht sehen, aber ich habe gehört, dass er fantastische Reviews bekommen hat. Und da es eine Produktion von Don Argott und Damien Fenton ist kann sie nur großartig sein.

    Empress: In deinem Blog betonts du immer wieder, dass weder du  noch dein Ehemann irgendwelche Antichristlichen Grundsätze vertreten – warum ist dir das so wichtig?

        Hallie Liebling: Der wichtigste Grund ist, dass mein Mann vor vielen Jahren selber tief in den schwarzen Künsten involviert  war,  und ein spezieller Vorfall hat ihn wirklich zu Tode erschreckt. Was wir damit sagen wollen ist review your choices! Was meinen Mann angeht –  er trägt weder satanische Symbole auf seiner Kleidung   noch lässt er  so etwas auf CD-Booklets o.ä. drucken, auch weil Victor Griffin  (der Pentagram-Gitarrist, d.Red.) tiefreligiös ist. Mein Label  dagegen hat in seinen Designs sehr viele satanische Symboliken,  besonders in der neuen Saison. So was ist grade ziemlich im Trend, und ich versuche zwar, die Integrität meines Labels beizubehalten, aber  gleichzeitig die aktuellen Trends aufzunehmen und meinen eigenen  Dreh hineinzubringen.

Mein Gefühl dabei ist – wenn du in deinem  Glauben tief verwurzelt bist und in deinem Herzen weißt, dass du an  dieses Zeug nicht glaubst und es nur Bilder sind – Bilder auf T-Shirts für Leute, die sich gerne ein bisschen seltsam anziehen, dann wird Gott das verstehen. Also, obwohl ich einen christlichen Glauben  habe, benutze ich satanische und okkulte Symbole in meinen Designs. Wie gesagt, es ist nur ein Teil des Geschäfts.

 

Empress: Ich habe gelesen, dass du tatsächlich schon an deinen Memoiren arbeitest – wie weit bist du damit gekommen?

Hallie Liebling: Ich arbeite in kleinen Schritten daran. Mein Sohn ist meine erste Priorität, und Käärme ist das, was mir grade Spaß macht, und ich hoffe, dass ich das Label eine Weile am Laufen halten kann. Schreiben ist das, worin ich meine ganzes Leben lang schon gut gewesen bin, aber es fällt mir schwer, weil ich unglaublich selbstkritisch bin wenn ich schreibe. Außerdem bin ich meist nicht fähig zu schreiben wenn es nicht grade abartig früh am Morgen ist, z.B. um drei Uhr rum. Aber ja, ich arbeite immer mal wieder daran, und sobald ich die einzelnen Kapitel in Ordnung gebracht habe werde ich versuchen, einen Verleger zu finden.

http://hal-coholic.blogspot.com

 

Das Copyright für alle Fotos liegt bei halcoholic.com

Share →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.